Dokumentation

Fachtagung
Frühe Hilfen „Guter Start für Hamburgs Kinder“

Themen der Tagung am 8. Mai 2019 waren kindliche Regulationsstörungen und Aspekte des des weiterentwickelten Landeskonzeptes „Guter Start für Hamburgs Kinder“.

Präsentation auf der Bühne vor Publikum bei der Fachtagung Frühe Hilfen 2019
Alternative Präsentation einzelner Elemente des weiterentwickelten Landeskonzeptes „Guter Start für Hamburgs Kinder“

2018 wurde die temporäre Bundesinitiative Frühe Hilfen in eine Bundesstiftung überführt, welche nun dauerhaft die Netzwerke Frühe Hilfen fördert. Das Landeskonzept „Guter Start für Hamburgs Kinder“ wird nun gemeinsam mit Kernakteur*innen aktualisiert und weiterentwickelt.

Rund 220 Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen, der Kinder- und Jugendhilfe, der Familienförderung und Frühförderung, der (Schwangeren)-Beratung sowie viele weitere Akteure der Frühen Hilfen folgten der Einladung der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) in Kooperation mit der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) und der Hamburgischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. (HAG) und nahmen an der Veranstaltung im Rudolf Steiner Haus teil.

Die Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks begrüßte alle Anwesenden und eröffnete die Fachtagung mit dem Augenmerk auf das, was in den Frühen Hilfen in Hamburg bereits alles erreicht wurde. Denn Hamburg hat sich früh auf den Weg gemacht, um werdende und junge Familien bestmöglich zu unterstützen – immer mit dem Blick darauf, besonders denen Hilfe zukommen zulassen, die sie am stärksten benötigen. Frau Prüfer-Storcks interpretierte das afrikanische Sprichwort: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind groß zu ziehen“ als Hamburger Variante so, dass die vielen, unterschiedlichen Angebote im Stadtteil nicht nur voneinander wissen, sondern im besten Falle auch miteinander arbeiten.

Sie betonte auch die Notwendigkeit dieser erfolgreichen Arbeitsweise, denn die Herausforderungen werden in Hamburg nicht abnehmen. Seit ihrem Amtsantritt vor fast 8 Jahren dürfe sie jedes Jahr aufs Neue einen Geburtenrekord verkünden. Jedes Jahr kommen in Hamburg also mehr Kinder auf die Welt. Frau Prüfer-Storcks wies außerdem auf die Veröffentlichung der Broschüre „Das Familienteam-Berichtswesen 2015-2017 – Datenanalyse“ hin, welche druckfrisch zur Mitnahme auf der Fachtagung auslag. Sie ermutigte die Anwesenden auf Veranstaltungen wie diese ihre Erfahrungen und ihr Wissen einzubringen, Anregungen und Vorschläge zu diskutieren und Fragen und Bedenken zu äußern.

Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Familie und Integration Dr. Melanie Leonhard eröffnete zum dritten Mal die Fachtagung Frühe Hilfen und verdeutlichte, dass es gelungenen sei, den Arbeitsbereich der Frühen Hilfen als erstes Regelsystem für Familien in Hamburg zu etablieren. Sie betonte, dass allen Kindern ein gesundes und gewaltfreies Aufwachsen ermöglicht werden solle, eben wie der Name des Landeskonzeptes sage einen „Guten Start für Hamburgs Kinder“. Sie regte dazu an, immer wieder zu hinterfragen, besonders mit dem Blick auf Eltern in schwierigen Lebenslagen, ob mit den vorhandenen Angeboten alle gut erreicht werden und ob Zugänge weiter verbessert werden könnten. Denn die Bedeutung der Frühen Kindheit für den weiteren Lebensverlauf könne gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Die vielfältige und lebendige Landschaft der Frühen Hilfen, die durch die Teilnehmenden gemeinsam repräsentiert werde, wäre dafür wichtig und die Fachtagung leiste einen weiteren Beitrag zur notwendigen Vernetzung. Frau Dr. Leonhard stellte zum Abschluss ihrer Grußworte das neue Logo der Frühen Hilfen in Hamburg vor. Es ist das erste Logo, dass alle Einrichtungen und Angebote des Landeskonzeptes „Guter Start für Hamburgs Kinder“ als gemeinsames Qualitätsmerkmal nutzen können. Sie interpretierte das Logo als Spiegel der Haltung der Frühen Hilfen Hamburg: positiv, unterstützend, vielfältig und miteinander in Kontakt. Und auch wenn das Leben mitunter ein paar Grautöne zu bieten habe – so stehe Zuversicht doch stets im Mittelpunkt.

Die Moderatorin Anita Hüseman griff ebenso die Symbolik des Logos auf, um den bevorstehenden Programmpunkt der Darbietung des Landeskonzeptes aktuell anzukündigen. Unter ihrer Konzeption ist eine alternative Darstellungsform des weiterentwickelten Landeskonzeptes entstanden.

Kernakteurinnen aus den Frühen Hilfen haben zusammen mit zwei Schauspielerinnen mittels Fallbeispiele einzelne Elemente und Vernetzungen des Systems der Frühen Hilfen aus der Nutzerinnenperspektive anschaulich präsentiert. So gab es z.B. Anna, eine junge werdende Mutter, die gar nicht weiß, wo sie anfangen soll bei all dem Stress, der mit der Schwangerschaft einhergeht wie z.B. die anstehende Suche nach Hebamme und Kinderärztin. Oder die Gynäkologin, die erst bei der zweiten Schwangerschaft ihrer Patientin merkt, dass diese offensichtlich nach der letzten Geburt eine schwere postpartale Depression entwickelt hatte und die sich bei solchen Fällen alleine fühlt und gerne Unterstützung hätte. „Echte“ Akteurinnen aus dem Netzwerk Frühe Hilfen haben ihre Berufsgruppe repräsentiert und den „Fällen“ ihr Angebot vorgestellt. Ergänzt wurden die szenenhaften Darstellungen von Daten und Fakten aus dem Berichtswesen von Susanne Hüttenhain (Landeskoordination Frühe Hilfen – BASFI) und Dr. Heidi Wucherpfennig (Referentin für Frühe Hilfen – BGV).

Nach einer soziometrischen Abfrage des Plenums durch Frau Hüseman wurde deutlich, dass einige schon mehrfach an einer Fachtagung der Frühen Hilfen Hamburg teilgenommen haben, andere zum ersten Mal diese Veranstaltung besuchen. Der angeleitete kurze Austausch in der Murmelgruppe konnte dann anschließend in der Pause bei Kaffee, Obst und Gebäck fortgeführt werden.

Gestärkt und wieder im Großen Saal versammelt bekam Dr. Nikolaus von Hofacker aus München von der ae4 Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Eltern-Säuglings- und Kleinkind-Psychotherapie das Wort. In seinem Vortrag „Kindliche Regulationsstörungen – wann sind Frühe Hilfen sinnvoll?“ gab er eine Einführung in die Thematik und verdeutlichte seine Ausführungen sehr anschaulich anhand von Videobeispielen. Bezogen auf die Diagnostik und die Gründe der Entwicklung von Regulationsstörungen bekam er eine fühlbar erleichterte Zustimmung des Plenums bei seinem Satz: „Perfektion ist im Bauplan des Lebens nicht vorgesehen“.

Bei der Behandlung von Regulationsstörungen betonte er, dass passgenaue Interventionen so wichtig sind. Es geht also nicht nur darum, wann Frühe Hilfen bei Regulationsstörungen sinnvoll sind, sondern vor allem auch welche genau. Die sich anschließenden Fragen zeigten die hohe Praxisrelevanz – immerhin ist im Durchschnitt fast jedes sechste Kind von Regulations-störungen betroffen. Ein gemeinsamer Kenntnisstand und das Wissen um weitere Unterstützungs-angebote im Netzwerk, wie auf einer solchen Veranstaltung vermittelt werden konnte, sind von zentraler Bedeutung, um Familien gemeinsam wirkungsvoll unterstützen zu können.

Nach der einstündigen Mittagspause bei Essen und Gesprächen ging es dann in fünf parallel laufende Workshops. Im Workshop I „Fütterstörungen – Entstehungsbedingungen und Interventionsmöglichkeiten anhand videografierter Fallbeispiele“ ist Dr. Nikolaus von Hofacker intensiv auf das Störungsbild der Fütterstörungen eingegangen. Anhand videografierter Fälle wurden differenziert die Entstehungsbedingungen, wichtige diagnostische Maßnahmen sowie konkrete Interventionsansätze aufgezeigt.

Der Workshop II „Babys, die untröstlich weinen – was tun?“ von Dr. Susanne Hommel aus der Praxis für analytische Psychotherapie für Babys, Kleinkinder & ihre Eltern sowie Leitung der SchreibabySprechstunde bot einen Überblick in die Differentialdiagnostik und Einblick in verschiedene Konzepte der Beratung und Behandlung von so genannten „Schreibabys“ orientiert am Angebot der SchreibabySprechstunde Hamburg.

Der Workshop III „Regulationsfähigkeit = Kooperationsfähigkeit- Interaktive Vorstellung eines körperbasierten Stressbewältigungsansatzes aus der interpersonalen Neurobiologie“ wurde von Houda Backhaus, Mitarbeiterin von CORESZON – Community Resilience Network am Zentrum für Psychosoziale Medizin des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt. Sie stellte die „Garten Methode für Gemeinschaftsresilienz“ anhand von körperbasierten Stressregulations-übungen vor, denen aktuelle Erkenntnisse der (sozialen) Neurobiologie zugrunde liegen. Diese Methode eignet sich sowohl für die gestressten Eltern als auch für die geforderten Fachkräfte.

Marianne Witten vom Deutschen Kinderschutzbund Landesverband Hamburg e.V. und Leitung der Beratungsstelle Frühe Hilfen Harburg & Süderelbe thematisierte im Workshop IV „Entwicklungspsychologische Beratung kultursensibel“ wie der Zugang zu Familien gefunden werden können, deren Kinder Anpassung- und Entwicklungsprobleme haben und die häufig noch nicht über Erfahrung mit Unterstützungsangeboten in Hamburg verfügen. Ebenso behandelte der Workshop wie eine entwicklungspsychologische Beratung kultursensibel, im Bewusstsein von Sozialisations- und Erziehungsbedingungen unterschiedlicher kultureller Kontexte, umgesetzt werden kann und welche Schwierigkeiten und Gelingensfaktoren einem dabei begegnen können.

Im Workshop V „Einfache Sprache in den Frühen Hilfen“ zeigte Maria Gies von der Hamburgischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V., dass Leichte Sprache ganz schön schwer sein kann. Neben einer theoretischen Einführung ins Thema wurden praktische Übungen zur Einfachen Sprache gemacht. Außerdem wurden konkret Begriffe aus dem Bereich der Frühen Hilfen in Einfache Sprache übersetzt.

Nach den Workshops wurde sich anhand farbiger Karten in gemischten Kleingruppen gefunden und bei Kaffee und Kuchen fand eine interaktive Ergebnissicherung statt. Anhand der Fragen: Was war für mich in dem Workshop besonders interessant? Was nehme ich mit in meine Praxis? Und was bedeutet das für meine Vernetzung in den Frühen Hilfen? wurde ein interdisziplinärer Austausch über die verschiedenen Workshop-Themen mit individueller Schwerpunktsetzung angeregt.

Anschließend fanden im Foyer Anita Hüseman, Susanne Hüttenhain und Dr. Heidi Wucherpfennig noch kurze Worte zum gemeinsamen Abschluss.

Nach obenTeilenDrucken

Seitenbereichsmenü

Nach dem Ende des Seitenbereichsmenü zurück zum Anfang des Seitenbereichsmenü