Dokumentation

Frühe Hilfen: Kooperation von Gesundheitswesen und Jugendhilfe stärken

Die Tagung am 15. April 2015 hatte das Ziel, die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen aus dem Gesundheitsbereich und der Jugenhilfe zu fördern.

Kinder und Jugendliche in Aktion
Kinder und Jugendliche in Aktion

Werdende Mütter und Väter wollen vor allem eines sein: gute Eltern. Kommt es dennoch zu Belastungssituationen, ist die Unterstützung Vieler gefragt. Hier setzt das Landesprogramm Guter Start für Hamburgs Kinder-Frühe Hilfen Hamburg an: in allen Hamburger Bezirken sollen Akteure des Kinder- und Jugendhilfebereiches und des Gesundheitsbereiches eng miteinander arbeiten. Dazu zählen auch Kinder- und Jugendärzt_innen und Gynäkolog_innen, aber auch Hebammen, Hausärzt_innen und Psychotherapeut_innen. Eine zentrale Säule des Frühen Hilfen-Konzeptes bildet die Zusammenarbeit der Bereiche Gesundheit und Jugendhilfe.

An vielen Orten in der Stadt arbeiten engagierte Akteure aus den beiden Bereichen zusammen, geleitet von dem Interesse an einem ganzheitlichen Blick auf das System Familie und einer Stärkung der Familien. Häufig wird diese Kooperation durch das Engagement einzelner Personen getragen und ist nicht strukturell verankert, standardisiert und verbindlich.

So stoßen die Akteure in der Praxis an Grenzen. Das hat die BASFI, die HAG und die Ärztekammer dazu bewogen, gemeinsam eine Veranstaltung anzubieten mit dem Ziel, die Akteure über das Landesprogramm Guter Start für Hamburgs Kinder zu informieren, miteinander in Kontakt zu bringen und ihnen Impulse für die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu geben. Unter dem Titel „Frühe Hilfen - Kooperation von Gesundheitswesen und Jugendhilfe stärken“ luden die Veranstalter 120 Akteure aus dem Gesundheitsbereich und der Jugendhilfe zum Austausch in die Ärztekammer ein.

Brigitte Hullmann, Landeskoordinatorin Frühe Hilfen Hamburg, stellte das Programm Guter Start für Hamburgs Kinder vor und machte deutlich: Frühe Hilfen basieren auf der Kooperation zwischen Gesundheitshilfe und der Jugendhilfe; fördern-helfen-schützen sind die Leitkriterien des Programms, somit spielt Prävention als auch Intervention eine wichtige Rolle. Brigitte Hullmann betonte: „Die heutige Veranstaltung stellt einen Baustein dar, die Herausforderungen zu meistern und möglichst allen Hamburger Kindern –unabhängig von dem Stadtteil, in dem sie aufwachsen, vom sozialen Status und vom kulturellen Hintergrund ihrer Eltern –einen guten Start zu ermöglichen.“

Um gut zusammenzuarbeiten braucht es Wissen über den anderen. Die Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen hat im Auftrag der BASFI das Fachportal Frühe Hilfen Hamburg (www.fruehehilfen-hamburg.de) entwickelt. Irene Ehmke und Sophia Schlamp stellten dieses an Hand eines Praxisbeispiels vor.

Über die ersten Erfolge des Landesprogramms berichteten Akteure, die diese Kooperationen anstoßen und koordinieren, hamburgweit oder auf bezirklicher Ebene. In einer Gesprächsrunde gaben Friederike Busse von Colbe (Abendrothhaus), Nicole Hellwig (Stiftung See You Babylotsen Hamburg), Agnes Mali (Netzwerkkoordinatorin Frühe Hilfen Altona), Natascha Neben (Familienhebamme und die Koordinatorin des Netzwerks der Hamburger Familienhebammen) und Dr. Stefan Renz (Kinder- und Jugendarzt und Vorsitzender des Hamburger Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte) einen Einblick, machten aber auch auf noch bestehende Baustellen aufmerksam. Sie betonten, dass die sektorenübergreifende Zusammenarbeit als Prozess betrachtet werden muss, der alle Berufsgruppen vor Herausforderungen stellt: Wie kann trotz unterschiedlicher Arbeitsweisen und -zeiten eine gutes Zusammenwirken möglich sein? Welches sind die Erwartungen an den anderen Sektor? Welches sind die Chancen der Zusammenarbeit? Wo liegen die Grenzen?

Gute Erfahrungen wurden im Rahmen der Bundesinitiative Frühe Hilfen mit Interdisziplinären Fallreflexionen gemacht. In Baden-Württemberg wurden lokale Angebote Früher Hilfen mit vertragsärztlichen Qualitätszirkeln vernetzt. Diese Erfahrungen stellten Dr. Andreas Scheffzek und Iris Söhngen vor. Dr. Scheffzek ist niedergelassener Kinder- und Jugendarzt, Iris Söhngen arbeitet als Netzwerkkoordinatorin Frühe Hilfen und Kinderschutz für die Stadt Heidelberg. Zusammen bilden sie das Moderatorenteam des Interdisziplinären Qualitätszirkels Jugendhilfe-Gesundheit. Diese Qualitätszirkel sind auf interdisziplinäres, interkollegiales und dynamisches Lernen ausgerichtet. Ansatzpunkte sind systematische Fallbetrachtungen.

Eine Fallkonferenz bietet die Chance unterschiedliche Sichtweisen und Bewertungen beider Systeme nebeneinander zu stellen und einen Prozess des Voneinander Lernens zu gestalten. Ein gemeinsamer Blick, begleitet von einem kompetenten Moderatorenteam, ermöglicht ein wechselseitiges Systemverständnis: Wie tickt das Jugendamt/die Arztpraxis (Möglichkeiten, Grenzen, Rahmenbedingungen,…), welche Denk- und Arbeitsweisen leiten den „Anderen“? Wie können wir am besten kommunizieren, wann erreiche ich den anderen am besten? Welche Wege gibt es für den „Notfall“? Voraussetzung für die Beteiligung an dem Qualitätszirkel, so Iris Söhngen, ist „die Neugierde auf Unterschiede“.

Nach dem Vortrag wurde beispielhaft eine anonymisierte Fallbesprechung durchgeführt. Daran beteiligten sich: Marianne Dotzek (Elternschule Horner Geest), Dr. Almut Eberhard (Praxisklinik Hamburg Harburg), Maike Hinkelmann (Bezirksamt Hamburg-Nord, ASD), Dr. Petra Kapaun, (Kinder- und Jugendärztliche Gemeinschaftspraxis Hoheluft), Natascha Neben (Netzwerkkoordinatorin der Hamburger Familienhebammen), Petra Sohst-Westpfahl (FamilienTeam Wandsbek), Randi Spitzer (Bezirksamt Hamburg-Mitte, Mütterberatung) und Christa Wagner (DRK-KiTa Regenbogen Eltern-Kind-Zentrum).

Diese Live-Fallbesprechung war ein kleines Experiment und hat gut verdeutlicht wie gewinnbringend eine interdisziplinäre Zusammenarbeit ist. Hier kann eine kommunale Kultur der Verantwortung entstehen. Zentrales Ergebnis für die Hamburger Akteure war: Das Vorgehen in Baden-Württemberg ist als Impuls zu verstehen, aber: Jeder Zirkel muss seinen eigenen Weg finden, angepasst an die Situation und die Bedarfe vor Ort. Wichtig ist es, die große vorhandene Expertise der Hamburger Akteure so zu nutzen und strukturell zu verbinden, dass alle Familien und Kinder von den Frühen Hilfen profitieren können. Die Veranstalter werden diese Anregung weitertragen.

Nach obenTeilenDrucken

Seitenbereichsmenü

Nach dem Ende des Seitenbereichsmenü zurück zum Anfang des Seitenbereichsmenü