Fachtagung Frühe Hilfen
Fachtagung Frühe Hilfen „Väter in den Frühen Hilfen. Guter Start für Hamburgs Kinder“.
Dokumentation der Veranstaltung
An Väter werden heute vielfältige Erwartungen gestellt: Alte Geschlechterstereotype und unterschiedliche kulturelle Ausprägungen und Traditionen mischen sich mit einer gesellschaftlich veränderten Vorstellung von Familie und neuen Bildern des präsenten und emphatischen Vaters.
Für Väter selbst besteht in bestimmten Grenzen die Möglichkeit, ihre Rolle individuell auszugestalten – oft eine Gratwanderung zwischen Chance und Überforderung. Denn nicht selten stehen die unterschiedlichen Rollenbilder und -erwartungen im Widerspruch zueinander: beispielsweise gleichzeitig das Familieneinkommen zu sichern UND aktiver Vater zu sein, der viel Zeit mit den Kindern (und der Partner*in) verbringt.
Auch in gesellschaftlichen Debatten sowie der Wissenschaft und Fachöffentlichkeit wird den Vätern seit einigen Jahren immer größere Beachtung geschenkt und ihre Bedeutung für ein gutes Aufwachsen von Kindern analysiert und hervorgehoben. Gleichzeitig erreichen Angebote rund um Schwangerschaft, Geburt und Frühe Kindheit weiterhin primär Mütter.
In zwei Fachvorträgen und sechs parallel stattfindenden Workshops möchten wir die Auseinandersetzung mit dem Themenfeld vertiefen, Impulse für die Praxis geben und Ihnen die Möglichkeit für fachlichen Austausch sowie Vernetzung bieten.
Die Veranstaltung richtet sich an alle Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen, der Schwangerenberatung, der Familienförderung und Jugendhilfe sowie an alle (weiteren) Akteurinnen und Akteure, die in den Netzwerken der Frühen Hilfen in Hamburg tätig sind.
Fachvorträge und Poetry Slam werden aufgezeichnet und online gestellt.
Programm
08:45 — 09:30 Uhr
Ankommen und Anmeldung
09:30 — 09:40 Uhr
Begrüßung und Eröffnung
Dr. Melanie Leonhard
Senatorin für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration der Freien und Hansestadt Hamburg
09:40 — 10:15 Uhr
Gestern, heute, morgen – Frühe Hilfen in Hamburg in der Pandemie
10:15 — 10:25 Uhr
Väter in den Frühen Hilfen – Einstimmung
Susanne Hüttenhain // Landeskoordinatorin Frühe Hilfen
Nicole Dirks-Wetschky // Referentin Frühe Hilfen
Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration
10:25 — 11:20 Uhr
Fachvortrag I
Väter in den Frühen Hilfen – Risiko oder Ressource?
Prof. Dr. Andreas Eickhorst
Dipl.-Psychologe; seit 2018 Professor für Psychologische Grundlagen Sozialer Arbeit an der Hochschule Hannover. Vorher Leiter der Fachgruppe Nationales Zentrum Frühe Hilfen am DJI. Inhaltliche Schwerpunkte u.a. Väterforschung; Frühe Hilfen; Belastungen & Ressourcen; Systemische Familienpsychologie. Sprecher der Fachgruppe Väter des Bundesforums Männer e.V., Vorstand im Väter-Experten-Netz Deutschland (VEND e.V.); Mitglied im Beirat des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe)
11:20 — 11:50 Uhr
Pause
11:50 — 12:00 Uhr
„Vater sein dagegen sehr“ - ein neuer Blick auf eine neue Welt
Florian Hacke
Schauspieler, Kabarettist, Comedian und Poetry-Slammer
12:00 — 13:00 Uhr
Fachvortrag II
Väter mit (Flucht)Migrationserfahrungen in den Frühen Hilfen. Zwischen Fürsorglichkeit und mehrfachem Druck
Prof. Dr. Michael Tunç
Dipl. Soz. Pädagoge, seit Herbst 2020 Professor für Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft an der HAW Hamburg; tätig in Forschung und Sozial-/(Fort-)Bildungsarbeit zu Männlichkeit/Väterlichkeit im Kontext von (Flucht)Migration und Diversität; vielfältig ehrenamtlich aktiv: stellvertretender Vorstandsvorsitzender im Bundesforum Männer (Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V.), stellvertretender Vorsitzender im Verein Väter in Köln e.V. und im Vorstand des bundesweiten Netzwerks Männlichkeiten, Migration und Mehrfachzugehörigkeit e.V.
Michael Tunç gründete im Jahr 2005 das Väter-Experten-Netz Deutschland e.V. mit, in dem er seitdem aktiv ist. Im Februar 2010 war er auch Mitbegründer des Vereins „Väter in Köln“ e.V. für den er seit Jahren Vater-Kind-Angebote durchführt.
13:00 — 14:00 Uhr
Pause mit Mittagessen
14:00 — 15:30 Uhr
Parallellaufende Workshops zur Information und zum fachlichen Austausch
Workshop I
Haltung, Zielklärung und Umsetzung des Vätereinbezugs in den Frühen Hilfen
Prof. Dr. Andreas Eickhorst
Dipl. Psychologe, Professor für Psychologische Grundlagen Sozialer Arbeit an der Hochschule Hannover
In Ergänzung und Konkretisierung des Vortrages vom Vormittag sollen in gemeinsamer Diskussion und Erarbeitung relevante Kriterien zur Umsetzung eines lokalen Vätereinbezugs in bestehende oder auch neu zu schaffende Angebote der Frühen Hilfen erarbeitet werden. Neben dem Blick auf motivierende und (zu vermeidende) abschreckende Faktoren zur konkreten Gewinnung von Vätern ("Tür-Öffner" und "Tür-Schließer") soll insbesondere den Themen der zugrundeliegenden Haltung sowie sehr klar und transparent zu definierenden Zielvorstellungen ein breiter Raum gewidmet werden, um unterschiedlichsten Schwierigkeiten bei der Angebotsgestaltung möglichst von vornherein aus dem Weg zu gehen.
Workshop II
Väter mit (Flucht)Migrationserfahrungen ressourcenorientiert beteiligen!
Prof. Dr. Michael Tunç
Dipl. Soz. Pädagoge, Professor für Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft an der HAW Hamburg
Dr. Michael Tunç beleuchtet im Workshop Erfahrungen zum Thema der Väter mit (Flucht)Migrationserfahrungen und stellt Praxis-Ansätze migrationssensibler Väterarbeit im Feld Früher Hilfen vor. Er reflektiert insbesondere Fragen der Haltungen von Fachkräften gegenüber der Zielgruppe. Denn mittels ressourcenorientierter Konzepte lassen sich Väter mit (Flucht)Migrationserfahrungen erfolgreich einbeziehen bzw. beteiligen - trotz teils vorhandener Schwierigkeiten. Es besteht am Ende die Möglichkeit, dass die Teilnehmenden sich über eigene Erfahrungen zu Herausforderungen sowie Ressourcen oder evtl. über Beispiele guter Praxis in der Arbeit mit migrantischen Vätern austauschen.
Workshop III
Bindungs- und Beziehungsgestaltung von Vätern mit schwierigen familiären Erfahrungen: Erkenntnisse und Ableitungen für die praktische Arbeit
Prof. Dr. Katja Nowacki
Dipl. Sozialpädagogin, Professorin für klinische Psychologie und Entwicklungspsychologie an der Fachhochschule Dortmund; Forschungsschwerpunkte: Bindungsentwicklung, insbesondere im Rahmen von Fremdunterbringungen, dazu kommen Fragen von Genderunterschieden, die sich auf Bindungsmuster auswirken.
Väter sind im Rahmen von Hilfen für Familien oft nicht stark präsent. Dabei sind sie für ihre Kinder eine wichtige Ressource, auch als Bindungsperson. Väter, die selbst schwierige familiäre Erfahrungen gemacht haben, benötigen ggf. noch weitere Unterstützung, um sensitiv auf die Bedürfnisse ihrer Kinder eingehen zu können. Im Workshop werden ausgewählte Erkenntnisse aus der Praxisforschung zu Vätern, insbesondere mit eigenen Hilfeerfahrungen vorgestellt und gemeinsam Ableitungen für die praktische Arbeit im Bereich der Hilfen für Kinder und ihre Familien diskutiert.
Workshop IV
Väter rund um die Geburt – zwischen Ressource und Belastung
Dr. med. Wolf Lütje
Frauenarzt – Psychotherapie, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Evangelischen Amalie Sieveking Krankenhauses Hamburg, Präsident DGPFG
Die „neuen“ Väter sind ein historisches Novum – mit das größte menschliche Kulturexperiment – allerdings ohne Evidenz! Die Auflösung der Rollenmuster zumindest in psychosozialer Hinsicht birgt Chancen und Risiken. Im Kontinuum vom Schwangerschaftskonflikt, über die Schwangerschaft, die Geburt, das Wochenbett und die ersten Jahre des Elternseins fokussiert der Workshop vielschichtig biopsychosoziale Aspekte der neuen Präsenz der Väter.
Neben Darstellung des wenig Evidenten wird Erfahrungswissen vermittelt und Forschungsfragen nachgegangen.
Workshop V
Partizipation von Vätern in den Frühen Hilfen – Gelingensbedingungen und unsere Widerstände
Lars Henken
seit 1997 Texter und Autor, von 2016 bis Mai 2021 Geschäftsführer von VÄTER e.V., freiberuflich in der Väterarbeit tätig (ev. Familienbildung, VÄTER e.V.), Vater von zwei Kindern
Helmut Szepansky
Rentner, von 1980 – 2018 in verschiedenen Feldern der Sozialen Arbeit tätig, zuletzt Leitung des Kinder- und Familienzentrum Barmbek, freiberuflich tätig in der Väterberatung, als Psychotherapeut in eigener Praxis v.a. als Paartherapeut, und als Holzbildhauer
Jedes Kind hat einen Vater. Wo sind aber die Väter in den Einrichtungen und den Angeboten der Frühen Hilfen? Was tun wir dafür, dass sie sich beteiligen? Wie verhindern wir das? Welche Argumente fehlen den Vätern, um sich mehr zu engagieren?
In dem Workshop wollen wir uns die vermuteten Bedürfnisse der Väter und die Arbeitsbedingungen in den Frühen Hilfen in Hamburg ansehen. Und wir wollen darüber sprechen, ob diese Bedingungen für ein gutes Gelingen von Väterangeboten ausreichend sind.
Vielleicht können wir aus dem Workshop konkrete Ideen für die eigene Väterarbeit mitnehmen und benennen, was wir dafür in den Frühen Hilfen in Hamburg brauchen.
Workshop VI
"Eltern sein und Paar bleiben - wie kann eine verbindende Kommunikation gelingen? Anregungen und Austausch für Fachkräfte in den Frühen Hilfen
Kerstin Erl-Hegel
Paar- und Familientherapeutin, Supervisorin Eigene Praxis: Elternwerkstatt-Hamburg
Eine gute Paarbeziehung zu führen, ist – insbesondere, wenn Kinder da sind – eine echte Herausforderung. In Zeiten von Corona umso mehr.
Was brauchen Mütter und Väter um sich gesehen und wertgeschätzt zu fühlen? Wie kann ein „Miteinander sprechen“ ohne Machtkampf um die
Aufgaben- und Rollenverteilung gelingen? Welche Bedeutung hat die Äußerung von Bedürfnissen und Wünschen? Wie gelingt ein positiver Blick aufeinander?
In diesem Workshop möchte ich Ihnen Anregungen geben, wie Sie als Fachkraft eine konstruktive und verbindende Kommunikation bei Elternpaaren fördern können und freue mich auf Austausch.
Ich spreche aus meiner langjährigen Erfahrung in der Elternarbeit u.a. für die Stadt Hamburg und als Paar- und Familientherapeutin in meiner Praxis Elternwerkstatt-Hamburg.
15:30 — 15:50 Uhr
Das Wichtigste in Kürze – die Highlights aus den Workshops aus Sicht der Workshop-Referierenden
16:20 — 16:30 Uhr
Verabschiedung und Poetic Recording
16:30 Uhr
Ende der Veranstaltung
Moderation
Anita Hüseman
Moderation | Beratung | Theater